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BYND

Konstantin Arnold

BOHEME

BOHEME

Willst du dich setzen? Ich bin sowieso eine gesunde Stunde zu früh, aber liebe es zu warten. Wieso? Um mit der Gewissheit, dass gleich etwas passiert, in einem traditionellen Straßencafé zu sitzen. Einem dieser Sechsecke, die nur aus einem Tresen, einer Bedienung und einem Moment bestehen. Grüne Metalltische, die Orte erst zu richtigen Plätzen werden lassen. Mitten auf einen breiten Bürgersteig gestellt oder direkt zwischen Ampeln und Ahorn. Irgendwie arrangiert. Denn zu viel Freiheit kann irgendwann auch zu einem Gefängnis werden. Hauptsache es gibt genug Straßen, genügend Möglichkeiten, aus denen man kommen könnte. Wenn man jetzt noch ein drittes Imperial bestellt, den Stift mal beiseitelegt, könnte man meinen, Lissabon wäre das Paris der 20er im Jahr 2017. Denn alles, was Boheme wirklich braucht, sind schwarzer Kaffee, ein Thema und zwei Menschen, die sich für Künstler halten. Gewagte These, die glaubhaft wird, wenn man gerade aufgehört hat “Paris – Ein Fest durchs Leben” anzufangen. Wenn sich die späte Sonne im glatten Kopfsteinpflaster spiegelt und die Welt und ihr Laub in ein Licht taucht, das viele gerne als Filter auf ihrem Handy hätten. Wie gesagt leicht einen Sitzen und umrungen von romantisch hervorstehenden Balkonen, die ins Dachgeschoss gebaut wurden, damit man sie morgens mit Kaffee betritt und beschließt, dass das Leben gut ist. Bisher konnte ich mich vor lauter Sehnsucht nicht sattsehen. Zu schön die Vorstellung mal mit solch einem Balkon zu wohnen, den ich jetzt, dank hoher Miete, betreten darf. Fantasie mit Realität bezahle. Immer in den fünften Stock laufe und erkenne, wie verdammt heiß es im Dachgeschoss wirklich ist. Fantasy Love, denn es kommt schließlich nicht auf den Kater an, sondern wo man mit ihm aufwacht! Lebt, wo andere Urlaub machen. Richtig liegt, wo andere falsch liegen und es irgendwie schafft, trotz Berufsverkehr und Flugverspätung […]