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BYND

Konstantin Arnold

VIER MEHR ALS SIE

VIER MEHR ALS SIE

So, und? Du weißt jetzt natürlich auch nicht, was ich mit meinem Leben anfangen soll, aber irgendwie muss ich damit anfangen. Du sitzt einfach nur so da und liest, wie ich so dasaß und versuchte habe anzufangen. Du tust das in der Bahn, an einem Tisch, ganz woanders, vielleicht an einer Ampel, hinter dir wird schon gehupt, im Rückspiegel siehst du den, der Hupt und einen kleinen, gelben Pickel. Kann sein, dass du gerade frisch vom Chinesen kommst, aus der Mittagspause mit dicken Buchhalterkollegen, die in ihren grauen Anzügen aussehen, wie billige Alpträume und von ihren Frauen sprachen, wie Männer, deren Namen man wieder vergisst. Männer, ohne Frauen. Männer, die sonst nie Frauen haben und alles, was sie von Frauen wissen, von Männern gehört haben. Am Arbeitsplatz angekommen, trinkst du noch einen schnellen Schluck Kaffee, rauchst, liest und hättest deine Mittagspause am liebsten alleine durchgemacht, um Bilanzen auszuwerten oder Paragraphen zu wälzen oder nichts über Frauen zu hören oder Menschen zu untersuchen, die lesen, lesen wie ich versucht habe anzufangen. So fangen wir an! Los geht’s! Bin gerade so gut drin. Ist immer noch besser, als aufzuhören oder einfach so weiterzumachen, wenn das Hirn nicht mehr weiß, wo es hindenken soll. Ist besser als Geburtstagsgrüße mit Kaufempfehlungen von Amazon oder Ansagen im Flugzeug. Besser als lange Ehejahre, Newsletter, Menschen, die frohe Weihnachten wünschen, nachdem man sie bezahlt hat und viel besser als die gestorbendste Abgestorbenheit, direkt hinter Menschen, die sich oft sagen, dass sie sich lieben, weil sie sich nicht mehr lieben, künstliche Dekorationsfrüchte. Ist aber eine andere Geschichte und ich will die hier nicht mit Dekorationsfrüchten ruinieren. Von dem Geld, das die kosten, sollte man sich lieber Kalaschnikows kaufen, Gummipuppen oder Briefmarken, durstigen Kindern in Afrika kaltes Mineralwasser spendieren. Alles besser als Dekorationsfrüchte, denn Dekorationsfrüchte sind tote Natur, Leben mit einer Lüg, eine Form von toter Natur, die mir besonders viel Angst macht, weil sie dekoriert ist. Nur den Tot kann man nicht mit Worten dekorieren. Egal wie schön die Früchte sind. Am Ende der Worte ist immer etwas tot. Miese Dinger, ein Satz über Dekorationsfrüchte und man klingt wie ein obstanbauender Friedhofswärter, den dieses Thema ernsthaft interessiert. Oder wie jemand, der sich gern Kokain von den Geschlechtsteilen ziehen lässt. Wollte ich schon immer einmal geschrieben haben, nur keine Ahnung wie die klingen, mit Sicherheit aufgeblasen. Ganz so schlimm ist es nicht, du wirst das ja am besten wissen. Du bist jener aufmerksame Leser, der über die Aufgabe des Dichters besser Bescheid weiß, als der Dichter selber. Du bist groß, klein, oder Arzt, Anwalt oder Psychopath, geht aber auch beides. Buchhalter oder der aus dem Marketing, den man an der Ampel angehupt hat, weil er unbedingt wissen wollte, wie ich anfange. […]